Charakteristisches
Tavel blickte in seinen Geschichten zurück: Alle seine Erzählungen spielen in verschiedenen Epochen der bernischen Geschichte. Sie entführen den Leser in die Zeit der Burgunderkriege, der Mailänderkriege und der Reformation, in den Bauernkrieg des 17. Jahrhunderts, in das Ancien Régime und das junge 19. Jahrhundert, in die Epoche der Neapolitanischen Dienste und in die eigene Zeit des Dichters.
Der hauptsächliche soziale Rahmen seines Werks bildet das bernische Patriziat, so dass Werner Günther 1963 mit Recht sagen konnte, dass sich «mit einer Distanz von fünfzig Jahren in bernischen Landen die gotthelfische Verklärung eines Standes auf anderer Ebene wiederholte».
Tavel war einem Christentum der Tat verpflichtet. Seine Geschichten zeugen daher von einem ausgeprägten Verantwortungsgefühl, denn nach seiner «Überzeugung soll alle Kunst zur Verherrlichung Gottes, der sie den Menschen geschenkt, dienen, auch wenn das Religiöse darin nicht unmittelbar zum Ausdruck kommt». In seinen Erzählungen zeigt er an verschiedenen Stellen Sympathie für religiöse Erweckungsbewegungen, und er öffnet sein Herz den Wiedertäufern.
Mag Tavels religiöse Empfindungswelt für uns Heutige manchmal zeitgebunden erscheinen, so berühren einen doch nach wie vor die Ehrlichkeit des Dichters und das «Ehrfurchts- und Liebesgefühl», die seine Geschichten erfüllen. Die Heimatliebe Tavels, die zum Heimatstolz werden kann, ist echt, und die Freude am schönen Landschaftlichen und an den Schauspielen der Natur teilt man heute leicht.